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FAQ: "Atompriester", "Strahlenkatzen" und Dornenfeld

Populärwissenschaftliche Theorien zur Kennzeichnung von Atommüll

Alien und Katzen als Symbolbilder für Atomsemiotik Banner für FAQ LangzeitdokumentationQuelle: pa / dpa / Geisler-Fotopress | Tschiponnique Skupin / pa / AP | C.i Byung-kil

Langzeitdokumentation steht häufig im Fokus der Öffentlichkeit: Mitunter auch durch skurrile und außergewöhnliche Vorschläge, die nicht allzu viel mit wissenschaftlichen Lösungsmöglichkeiten zu tun haben. Hier ein Überblick über populärwissenschaftliche Ideen und ihre wissenschaftlichen Einordnung:

Richten sich die Informationen der Langzeitdokumentation auch an ganz andere Lebewesen oder gar Außerirdische?Einklappen / Ausklappen

Alien AlienQuelle: pa / dpa / Geisler-Fotopress | Tschiponnique Skupin

Das Ziel der Endlagerung ist umfassend formuliert als Schutz „von Mensch und Umwelt“ (§ 1 StandAG). Und die Langzeitdokumentation versucht möglichst wenig vorauszusetzen, wer die Information nutzen kann. Aber es gibt prinzipielle Grenzen, was die Langzeitdokumentation leisten kann.

Die Langzeitdokumentation versucht, auch in Zukunft gut informierte Entscheidungen zum Endlager zu ermöglichen. Das kann z. B. bedeuten, vor tiefen Bohrungen zu warnen und darauf hinzuweisen, wie die Sicherheit des Endlagers beurteilt werden kann. Diese Informationen werden in möglichst universeller Form aufbereitet und es wird begleitet durch Maßnahmen, um die Erinnerung zu bewahren.

Es ist jedoch zwangsläufig eine Kommunikation durch Zeichen. Das wird in vielen Fällen auch ausreichen. Wer z. B. genug technische und naturwissenschaftliche Fähigkeiten hat, um eine Bohrung bis zum Endlager durchzuführen, sollte die Warnungen der Langzeitdokumentation entschlüsseln können. Wer keine solche Bohrung durchführen kann, muss die Warnungen davor nicht unbedingt verstehen. Es sind aber theoretisch immer Situationen denkbar, in denen eine Kommunikation fehlschlägt und Zeichen nicht verstanden werden. Die Maßnahmen der Langzeitdokumentation sichern die Informationen gegen möglichst viele negative Einflüsse.

Was sind Atompriester und was haben sie mit dem Endlager zu tun?Einklappen / Ausklappen

Zusätzlich zu der Arbeit der Human Interference Task Force (siehe Atomsemiotik) hat sich der Professor für Semiotik, Thomas Sebeok, 1984 erneut mit dem Problem befasst, Menschen in der fernen Zukunft vor unbeabsichtigtem Eindringen in ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle zu warnen. Im Zentrum seiner Überlegung stand der Umstand, dass Sprache und die Bedeutung von Zeichen einem permanenten Wandel unterliegen. Über die enormen Zeiträume der Endlagerung hochradioaktiver Stoffe müssen diese immer wieder erneuert werden, um auch in Zukunft verständlich zu bleiben.

In seinem Vorschlag orientiert er sich deshalb an der mündlichen Überlieferung von Religionen. Über Jahrhunderte konnte die Bedeutung der Botschaft weitergegeben werden, obwohl sich die Sprache und Situation der Menschen stark veränderte. Diese Aufgabe sollte seiner Empfehlung nach einer exklusiven Gruppe von Menschen zukommen, die er - bewusst dramatisch - Atompriester nannte. Ausschließlich dieser Gruppe sollte das Wissen vorbehalten sein, was dort tatsächlich im Untergrund vergraben ist. Die selbsternennende Gruppe - ähnlich einer Loge oder Bruderschaft - sollte verschiedenste Mittel wie Rituale, Mythen und Geschichten entwickeln und an die Zeit anpassen, um die Menschen vom Endlagerstandort fernzuhalten.

Dieser Vorschlag Sebeoks stößt immer wieder auf großes Interesse. Das dürfte nicht zuletzt an dessen Bezeichnung liegen. Er spricht darin jedoch ganz zentrale Punkte für die Arbeit des BASE an. Es braucht ein System der kontinuierlichen Wissensweitergabe, um die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Informationen zu erhalten. Auch in ferner Zukunft müssen die Menschen in der Lage sein, die sicherheitstechnische Bedeutung der tief unter der Erde liegenden Endlager zu verstehen. Im Gegensatz zu seinem Vorschlag strebt das BASE heute jedoch an, das Wissen möglichst breit in der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Auch die Frage wer dafür verantwortlich sein wird, ist von Bedeutung. Insbesondere, wenn man an Zeiten weit nach dem Verschluss des Endlagers denkt.

Was ist Atomsemiotik?Einklappen / Ausklappen

Semiotik ist die Lehre der Zeichen und Zeichenprozesse. Sie ist Grundlage für viele wissenschaftliche Disziplinen, die sich im weitesten Sinne mit Kommunikation befassen. In den Überlegungen der Human Interference Task Force (HITF) von 1984 wurde die Semiotik erstmalig eingesetzt, um Menschen auch in der fernen Zukunft vor unabsichtlichem Eindringen in ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle zu bewahren. Um dem sprachlichen Wandel über die enormen Zeiträume zu begegnen, lauten die Empfehlungen, dieselbe Botschaft in mehreren Sprachen abzufassen und durch allgemeinverständliche Zeichnungen wie Piktogramme zu ergänzen.

Die Verwendung von Zeichen spielt bei einigen Mechanismen zum Wissenserhalt über Endlager eine Rolle. Ein zentrales Beispiel ist die ober- oder unterirdische Markierung des Standorts. Damit sind kleinere oder größere Bauwerke gemeint, die auf die Anwesenheit des Endlagers und die Existenz von detaillierteren Informationen hinweisen. Auch die Bedeutung von Zeichen unterliegt jedoch einem Wandel - wie schon die HITF betont. Ein robustes System zum Wissenserhalt stützt sich deshalb auch nicht allein auf die Atomsemiotik.

Was sind "Strahlenkatzen" und spielen sie eine Rolle im BASE?Einklappen / Ausklappen

Leuchtende Katzen Leuchtende KatzenQuelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Choi Byung-kil

In einem Aufsatz in der Zeitschrift für Semiotik haben Françoise Bastide und Paolo Fabbri 1984 die Idee der "Strahlenkatze" vorgestellt. Neben Warnungen am Endlagerstandort mittels Sprache und Zeichen, sollten sie dazu dienen, Menschen vor vorhandener radioaktiver Strahlung zu warnen.

Grundlage für ihre Überlegung ist, dass Katzen den Menschen schon seit geraumer Zeit begleiten, ob als Haustier oder nützlicher Jäger von Nagetieren. Ihr Ansatz sieht vor, Katzen gentechnisch so zu verändern, sodass sie bei Kontakt mit Strahlung ihre Fellfarbe ändern. Dies allein wäre jedoch noch keine verständliche Warnung. Daher sollten zusätzlich Geschichten und Lieder überliefert werden, die die Verbindung von Farbwechsel und Gefahr herstellen.

Die Idee der Züchtung von Strahlungskatzen ist voraussetzungsreich, kompliziert und ethisch fragwürdig. Bislang gibt es keine Forschungsergebnisse, die die Realisierung in greifbare Nähe rücken. Das BASE beabsichtigt nicht, diesbezüglich Forschung zu betreiben.

Was ist das Dornenfeld und ist so etwas auch in Deutschland denkbar?Einklappen / Ausklappen

Die auch als „Landscape of Thorns“ bekannte Überlegung von Michael Brill entstand im Rahmen des amerikanischen Endlagerprojekts „WIPP“. Basierend auf den Ansätzen der HITF aus den 1980ern Jahren wird eine großformatige Oberflächengestaltung am Endlagerstandort in Form einer Dornenlandschaft skizziert. Diese sollte bei Menschen, auch in der fernen Zukunft, ein solches Unbehagen auslösen, dass sie sich vom Endlagerstandort fernhalten würden.

Anfang der 1990er Jahre wurden in den USA mehrere Konzepte zum Schutz des Menschen vor unbeabsichtigtem Eindringen in ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle entwickelt. Da sich Sprache und die Bedeutung von Zeichen mit der Zeit wandelt, drohen Botschaften in dieser Form nicht verstanden oder sogar fehlinterpretiert zu werden. Daher wurden im Rahmen des sogenannten „Marker Panels“ 1993 auch Vorschläge für eine abschreckende, architektonische Gestaltung der Oberfläche über dem Endlager erdacht.

Die Konzepte des Marker Panels wurden für einen abgelegenen Endlagerstandort in der Wüste von New Mexico in den USA entwickelt. Insofern lassen sie sich nicht einfach auf die Situation in Deutschland übertragen. Die Markierung des Endlagerstandorts ist ein wichtiger Baustein in der Bewahrung der Erinnerung an das Endlager. Seit Anfang der 1990 hat jedoch ein Umdenken stattgefunden. Heutige Ansätze setzen weniger auf Abschreckung als vielmehr auf Aufklärung und Information. Diese Aspekte würden auch in einem deutschen Ansatz im Vordergrund stehen.

Welche Speichermedien werden in der Langzeitdokumentation benutzt? Einklappen / Ausklappen

Auswahl an Speichermedien SpeichermedienQuelle: BASE

Die Wahl der Speichermedien ist einer von vielen Faktoren, um Informationen langfristig zu erhalten. Das gilt sowohl für digitale Informationsträger (CDs, Festplatten, Speicherchips etc.) als auch für analoge Informationsträger (z. B. unterschiedlich haltbare Papiersorten). Die Haltbarkeit heute gängiger Speichermedien ist bereits ausreichend, solange eine Organisation wie das BASE existiert, die sich aktiv um die Informationsbestände kümmert.

Von allen Informationen existieren mehrere Kopien, und wenn ein Speichermedium Fehler oder Beschädigungen aufweist, dann wird es ersetzt. Durch dasselbe Grundprinzip haben Überlieferungen der Antike bis heute überlebt: Im Laufe der Jahrhunderte wurden neue Kopien und Übersetzungen erstellt.

Besser haltbare Speichermedien sind besonders wichtig, falls sich zukünftig keine Organisation mehr um den Informationsbestand kümmern sollte. Es ist aber nur begrenzt sinnvoll, sich bereits heute auf eine bestimmte Speichermedien-Technologie festzulegen. Denn bis zum Endlagerverschluss werden noch zusätzliche Informationen entstehen, die zukünftigen Generationen überliefert werden sollen. Und bis dahin sind auch weitere Fortschritte der Speichermedien-Technologien zu erwarten. Das BASE beobachtet und unterstützt entsprechende Forschung und Entwicklung (z. B. Labest Papier und Labest Digital), um zu diesem Zeitpunkt besonders haltbare Speichermedien nutzen zu können.

Stand: 19.02.2024